Wolfgang Sandig
geb. 1936
Dresden war ja im Februar schon kaputtgemacht worden und die Angst schwebte in uns – in allen eigentlich – jetzt könnten wir dran sein. Und es war dann auch so. Meine Großeltern, eine Tante und ein Onkel waren an diesem Tag in der Hainstraße, also von uns gar nicht so weit entfernt. An dem 5. März ist dort eine Luftmine rein- geflogen; eine richtige Luftmine hat die ganze Villa zerrupft. Wir sind nach dem Angriff dorthin und haben dann auch meine Groß- eltern und meinen Onkel identifizieren müssen. Alle drei waren tot. Meine Eltern waren total erschüttert. Und wenn man da als neunjähriger Junge danebensteht und so die Reaktionen sieht ... Ich weiß noch, wie da mein Vater den Kopf senkte.
Ich gehe jedes Jahr am 5. März dorthin, verneige mich kurz und betrachte die Frühblüher – ganz bescheidene kleine Blümchen, so wie meine Großeltern auch waren.